
Wasserbirne, Gelbmöstler & Co.
Es ist Apfel- und Birnenzeit! Und das heißt auch «Mostzeit».*
Der Frost in diesem Frühling machte uns jedoch einen Strich durch unsere Mostpläne. Es gibt dieses Jahr in der ganzen Schweiz viel weniger Äpfel als in anderen Jahren. Auch auf unserem Hof fällt die Apfelernte sehr gering aus und wir pressen deshalb dieses Jahr unseren Kernobstsaft nicht nach dem bewährten Rezept, sondern mit einem viel höheren Anteil Birnensaft. Der schmeckt zwar anders, aber auch gut! Interessant sind auch sortenreine Birnensäfte – hier schmeckt man die Unterschiede der einzelnen Früchte besonders gut heraus.
Viele der Sorten, die zum Mosten verwendet werden, sind bereits seit langer Zeit bekannt. Gustav Pfau-Schellenberg hat 1872 je 50 Apfel- und Birnensorten beschrieben. Mit seinen Beschreibungen habe ich mir drei unserer alten Hochstammbirnbäume einmal genauer angesehen.
Wasserbirne
«Die Wasserbirne ist in den meisten obstbautreibenden Gegenden der Schweiz verbreitet», schreibt Pfau-Schellenberg. «Dieser rasch und kräftig wachsende Baum wird in Form und Größe der Eiche ähnlich. [… ] Er erreicht nicht selten ein Alter von über 200 Jahren.»
Majestätisch sind die Bäume, das kann ich bestätigen. Leider ist bei einem unserer Bäume dieses Jahr ein großer, schwer behangener Ast abgebrochen.
«Diese Birne wird meistens zum Mosten verwendet. Um gutes, helles Getränk zu erhalten, müssen die Früchte am Baum vollkommen reif werden und vor dem Brennen so lange auf Haufen liegen, bis sie kernteig sind. Der Saft wird nur dann haltbar, wenn Aepfel oder rauhe Birnsorten damit vermischt gemostet werden. Gedörrt liefern diese Birnen sehr gute Schnitze.»
Gelbmöstler («Gelbe Mostbirne»)
Auch der «Gelbmöstler» ist – wie der Name sagt – eine Mostbirne. «Diese Birne wird ausschließlich zur Mostbereitung verwendet», schreibt Pfau-Schellenberg. Im 19. Jahrhundert erfreute sie sich immer größerer Beliebtheit. «Große Tragbarkeit, gutes Gedeihen und Gesundheit der Bäume haben diese saftreiche Sorte so beliebt gemacht, daß nahezu die Hälfte der in neuerer Zeit in obgenannten Gegenden umgepfropften Birnbäume mit Gelbmostlern veredelt wurden.»
Die Frucht ist eher klein, die «Schale ist grüngelb, später hellgelb, auf der Sonnenseite schwach erdartig eröthet, um den Stiel schwächer, um den Kelch stärker berostet, mit vielen feinern und gröbern Rostpukten besetzt und von angenehmem Geruch».
Marxenbirne
Wir vermuten, dass es sich bei diesem Baum um eine Marxenbirne handelt, sind aber nicht ganz sicher. «Im ganzen Kanton Zürich, wie in den angrenzenden Kantonen ist diese Sorte stark verbreitet. […] Der Baum wächst stark, erreicht eine beträchtliche Höhe und hat eine dichte, breit pyramidale Krone, durch nach außen strebende, an den Spitzen hängende Aeste gebildet.»
Auch die Marxenbirne eignet sich zur Herstellung von Most:
«Diese ausgezeichnete Mostfrucht, welche gerne in Büscheln vorkommt, liefert einen klaren, dauerhaften Saft, weßwegen sie für diese Verwendung beliebt und geschätzt ist. Gemischt mit andern, süßen Obstsorten, besonders mit dem Saft des Usterapfels, gibt sie ein vorzügliches Getränk, daß an einer Mostausstellung in Pfäffikon den ersten Preis errang.»
Einen Preis werden wir für unseren diesjährigen Most nicht bekommen. Wir trinken ihn aber trotzdem sehr gern!
*Als «Süßmost» wird in der Schweiz die Mischung aus Apfel- und Birnensaft bezeichnet – in den meisten Fällen mit einem größeren Apfelsaft-Anteil.