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Ein Wohnhaus zu bauen, so äußerte Egon Eiermann häufig, sei eine besonders anspruchsvolle Aufgabe für. Für ihn selbst war es jedes Mal eine immense Herausforderung, zwischen seinen eigenen Vorstellungen und den persönlichen Wünschen des Bauherrn einen für beide Seiten befriedigenden Weg zu finden. Auch wenn er sich in den dreißiger Jahren gerade mit seinen Berliner Einfamilienhäusern fern des offiziellen Geschmacks einen Namen gemacht hatte, tat er sich später schwer, Aufträge für diese Bauaufgabe anzunehmen, als in der Wirtschaftswunderzeit zahlreiche Bauwillige bei ihm vorstellig wurden. Zwei Projekte, zu denen er sich hatte breitschlagen lassen, wollte er nach Veränderungen durch die Bauherren nicht mehr als eigenhändige Werke sehen. Allein das repräsentative Haus Hardenberg in Baden-Baden befriedigte ihn, vor allem aber sein eigenes Haus, das er sich 1959–62 ebenfalls in Baden-Baden errichtete und bis zu seinem Tod 1970 bewohnte. Insbesondere dieses Haus, entstanden nach seinem Erfolg mit dem Deutschen Pavillon auf der Brüsseler Weltausstellung von 1958 sowie zeitgleich mit der Realisierung der Berliner Gedächtniskirche und der Planung für die Deutsche Botschaft in Washington, sollte zu einem Hauptwerk seines Nachkriegsschaffens werden. Das haben schon die Zeitgenossen erkannt, wie eine Vielzahl von Veröffentlichungen weltweit belegen. Als eigener Bauherr konnte er hier sein Idealbild vom Wohnen für sich und seine Familie in Architektur kompromißlos umsetzen. Den Charakter eines gebauten Manifestes trägt es damit von Anbeginn. Eiermann selbst hat das Haus, das sich erst in einer längeren Planungsgenese herauskristallisierte, vor allem von der funktionalen Seite her zu erklären versucht: Haupt- und Nebenhaus, letzteres für Garage, Atelier und Gästewohnung, das langgestreckte Haupthaus in Schottenbauweise unter flach geneigtem Dach, für jedes Familienmitglied einen Abschnitt und der großzügige Wohnraum für alle. Tatsächlich überzeugt das Haus in seiner ausgefeilten Funktionalität von der Erschließung bis hin zur Haustechnik. Doch es erschöpft sich nicht darin. Die komplexe Gebäudegruppe auf einem steilen Hanggrundstück mit ihren bühnenartigen Terrassen, dem inszenierten Spiel von Durchblicken von innen nach außen und bei Nacht auch von außen nach innen ist schon von ihrer Grunddisposition her ein äußerst artifizielles Gebilde. Die ungewohnte Materialität trägt zu diesem Charakter bei: Das präzise, ohne Verschnitt versetzte Backsteinmauerwerk bringt durch die anthrazitfarbene Schlämme das reichlich verwendete rötliche Pitch-Pine-Holz aus Amerika zum Leuchten. Die Eiermann-typische Fassade mit äußerem Laufgang und weißem Gestänge sowie das Dach aus Welleternit stehen dazu in einem ausponderierten Kontrast. Zusammen mit den Anklängen an tradionelle japanische Hauser und Gärtens, vor allem aber auch mit den aus der Biographie des Architekten zu erklärenden Übernahme von Motiven aus dem Segelschiffbau geben diesem Architektenhaus einen unverwechselbaren Charakter. Seit 2020 hat das Haus neue Besitzer, in deren Auftrag die Stuttgarter Archtekten no w here (Henning Volpp und Karl Amann) eine umfassende, denkmalgerechte Instandsetzung vorgenommen haben. Der Nachlass von Eiermann, der im saai, dem Archiv für Architektur und Ingenieurbau am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), verwahrt wird, lieferte für diesen Band die historischen Zeichnungen und Photographien. Die Aufnahmen stammen in von Horstheinz Neuendorff, der als Architekturphotograph mit dem Architekten freundschaftlich verbunden war und ebenfalls in Baden-Baden lebte. Seit den frühen sechziger Jahren hielt dieser im Auftrag von Eiermann dessen Neubauten in Schwarzweißphotos von hohem künstlerischem Anspruch fest. Even though he had made a name for himself in the 1930s with his Berlin single-family homes, Eiermann later on found it difficult to accept commissions for this building type when, during the period of the »economic miracle«, he was approached by numerous people interested to get a design by him. Only the Hardenberg House in Baden-Baden satisfied him, but above all his own house, which he also built in Baden-Baden in 1959–62. This house in particular, built after his success with the German Pavilion at the 1958 Brussels World’s Fair and at the same time as the Berlin Gedächtniskirche and the German Embassy in Washington, was to become one of the main works of his post-war creative output. As a builder in his own right, he was able here to uncompromisingly realize his ideal image of living for himself and his family in architecture. Eiermann himself tried to explain the house, which only crystallized in a longer planning genesis, primarily from the functional side: main house and annexe, the latter for garage, studio and guest apartment, the elongated main house in bulkhead construction under a flat sloping roof. In fact, the house is convincing in its sophisticated functionality. But it does not stop there. The complex group of buildings on a steep hillside site with its stagelike terraces, the staged interplay of views from the inside to the outside and, at night, also from the outside to the inside, is an extremely artificial structure even from its basic disposition. The Eiermann typical façade, with its exterior walkway and white linkage as well as the corrugated Eternit roof provide a ponderous contrast. Together with echoes of traditional Japanese houses and gardens, but above all with the adoption of motifs from sailing-ship building give this house an unmistakable character. Since 2020, the house has new owners, on whose behalf the Stuttgart architects »now here« (Henning Volpp and Karl Amann) have undertaken an extremely careful renovation. Eiermann's estate, which is kept at saai, the Archive for Architecture and Engineering at the Karlsruhe Institute of Technology (KIT), provided the historical drawings and photographs for this volume.
Autor: Gerhard, Kabierske
ISBN: 9783932565878
Auflage: 1
Sprache: Deutsch Englisch
Seitenzahl: 72
Produktart: Gebunden
Verlag: Edition Axel Menges
Veröffentlicht: 01.11.2023
Schlagworte: Baden-Baden Egon Eiermann Wohnhäuser