1803 Lord Alistair McDonon saß beim Frühstück. Daß es fast zwölf Uhr mittags war, galt nicht als außergewöhnlich in den Kreisen der Gesellschaft, in denen er verkehrte und sich allgemeiner Beliebtheit erfreute. Am Abend zuvor war er Gast bei einem Abendessen gewesen, das der Prince of Wales im Carlton House gegeben hatte, und danach hatte er mit einer Reihe weiterer Lebemänner noch weitergefeiert und das neueste Tanzlokal besucht, wo die hübschesten und verlockendsten leichten Mädchen Londons parodierten. Und als sei das alles noch nicht genug, waren er und seine Freunde schließlich in einem sehr teuren »Vergnügungsetablissement« am Haymarket gelandet, wo Lord Alistair es dann doch bedauerte, daß er schon zu viele Gläser französischen Weins getrunken hatte. Im großen und ganzen war es ein normaler Abend gewesen. Aber er forderte auch am nächsten Morgen seinen Preis, und Lord Alistair winkte ab, als sein Kammerdiener ihm ein hervorragend zubereitetes Gericht mit Kalbsbries und frischen Pilzen servieren wollte, und er entschied sich stattdessen für Toast und Brandy. Er dachte jedoch nicht an seinen trockenen Hals oder an seine Kopfschmerzen; seine Gedanken weilten bei den Reizen Lady Beverley's. Neben ihm auf dem Tisch lag ein exotisch parfümiertes Schreiben, in dem sie ihm mitteilte, sie wünsche ihn am gleichen Nachmittag um vier Uhr bei sich zu sehen. Der Ton des Schreibens war herrisch, so daß das Ganze eher ein Befehl war als eine Bitte, aber das war verständlich bei einer Schönheit, die die Herzen der stets kritischen Londoner Beau Monde im Sturm erobert hatte.
Autor: | Schiller, Friedrich |
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ISBN: | 9783518188675 |
Sprache: | Deutsch |
Produktart: | Kartoniert / Broschiert |
Verlag: | Suhrkamp |
Veröffentlicht: | 27.06.2005 |
Untertitel: | Ein Schauspiel |
Schlagworte: | Deutsch Deutsch; Lektüre (ab 6. Schuljahr) div. Die Räuber Dramen Für die Sekundarstufe Klassische Dramen und Dramen (vor 1900) Lektüre Literaturwissenschaft: 1600 bis 1800 Schiller Schiller, Friedrich von Schullektüre |
Friedrich Schiller (1759-1805) war Dichter und Philosoph, Historiker, Arzt und Hochschulprofessor. Vor allem aber gilt er als einer der bedeutendsten deutschen Dramatiker. Werke wie Kabale und Liebe, Wilhelm Tell oder Die Räuber stehen auch international regelmäßig auf den Spielplänen der Theater. Zudem gilt er als wichtigster deutschsprachiger Balladendichter (u. a. Die Bürgschaft, Der Taucher). Charakteristisch für Schillers Werke ist die Macht der Sprache, die für Emotion und Freiheitsdrang zu einer Zeit absolutistischer Herrschaft steht. Prägend für das späte Werk Schillers wurde der Gedankenaustausch mit Geistesgrößen wie Goethe, Herder und Lessing während seiner letzten sechs Lebensjahre im thüringischen Weimar. Wilhelm Große, geboren 1948, Dr. phil., seit 1981 Lehrbeauftragter für Neuere deutsche Literatur an der Universität Trier. Arbeitsschwerpunkte: Poetik, Lyrik und Drama des 18. Jahrhunderts. Publikationen u. a. zu Lessing, Klopstock, Goethe, Schiller, Glaßbrenner, Keller, George, Brecht, Anders.