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Von 1800 - 1827 hat sich angesichts der Napoleonischen Kriege und deren Folgen die utopische Antizipation, dass der kommende Zukunftskrieg ein technischer Krieg resp. Luftkrieg werden würde, in der deutschen Literatur manifestiert. Johann Joseph Polt legte 1800 den Krieg mit Luftgeschwadern und Luftbomben erst in das 23. Jahrhundert, während der heute nur noch als Märchendichter bekannte Wilhelm Hauff 1827 ganz im Bann des gegen Napoleon 1813/14 erfolgreich vereinigten europäischen Heeres einen Luft- und U-Boot-Krieg eines mit Russland gemeinsam agierenden Europas als „Krieg der Kontinente“ gegen einen US-Diktator führt. Jean Paul ließ 1801 aus einer durch „Lufthähne mit Doppel-Azot“ lenkbaren gläsernen „Luft-Hütte“ Handgranaten auf Festungen werfen und verfasste 1809 die „Kriegserklärung gegen den Krieg“, gegen das „perpetuum mobile des Teufels“, in der er eine ultimative Waffe antizipiert, die „mit einem Schusse“ jegliche Schlacht beendet: „Der Krieg kommt endlich selber am Kriege um; seine Vervollkommnung wird seine Vernichtung“. Sein „Traum von einem Schlachtfelde“ übertrifft 1813 den entsetzlichen Horror der Kriegsphantasie „Die Vision auf dem Schlachtfelde bei Dresden“ von E. T. A. Hoffmann sogar noch an unmenschlichem Grauen. Der preußische Offizier Julius von Voß hat hingegen 1810 einen globalen Luft- und U-Bootkrieg, der mit unglaublichen innovativen militärischen Zukunftstechnologien im Jahr 2100 zwischen einem auch mit Russland Vereinten Europa erst gegen Afrika und dann mit diesem Kontinent vereint gegen Asien/China geführt wird, antizipiert. Zudem setzte er auch schon eine künftige chemische und biologische Kriegsführung (Stickgase und Pesterreger) ein. In den folgenden Jahrzehnten fehlen technische Kriegsutopien weitgehend in der deutschen Literatur, von Marginalia abgesehen, wie bei Hermann Marggraf 1845, der ebenfalls einen Krieg gegen die immer mehr Staaten sich einverleibende USA mit Europa prophezeite. Auch Kurd Laßwitz schilderte 1869 einen aus wirtschaftlichen Gründen geführten modernen Luftkrieg von China gegen die USA im Jahr 2271 und 1873 wurde zeitnah die französische Bombenkriegsutopie „Die Revanche anno 1882“ wohl als erste ausländische Kriegsutopie ins Deutsche übersetzt. Das Jahr 1874 brachte dann den Dualismus der künftigen literarischen Betrachtung des Zukunftskriegs. Die konventionelle Kriegsutopie des preußischen Majors Carl Otto Wachs antizipierte das Ende des British Empire durch ein aufstrebendes Russland, während die erste bedeutende deutsche Antikriegsutopie des 20-jährigen Kriegsteilnehmers Richard Voß die Auslöschung Deutschlands um das Jahr 2100 antizipierte und im 1871 neugegründeten Deutschen Kaiserreich sofort verboten wurde. Angesichts der aktuellen Weltlage erscheinen die teilweise mehr als 200 Jahre alten Zukunftskriegsvisionen für das 21. Jahrhundert erstaunlich aktuell. Die frühen deutschen Kriegsutopien 1800 - 1869 einte noch das Narrativ, dass der nächste Krieg ein technischer Krieg werden würde, der die bisherigen Kriege an Grausamkeit und Kriegsopfern weit übertreffen wird und deshalb für die Zukunft geächtet werden müsste.